Die Mode des Ringsteintragens wurde von den Römern aus dem hellenistischen Osten übernommen. Ursprünglich waren solche Gemmen zum Siegeln gedacht, oft saßen die Steine allerdings zu tief in der Fassung und waren nicht mehr zum Stempeln geeignet. Vielmehr wurden die Ringsteine als Schmuck, Symbole oder Auszeichnungen von den römischen Nobiles getragen. Die Tragenden konnten aus einem großen Motivschatz zwischen mythologischen Figuren, Ahnenporträts und Symbolen als Bildthema auswählen. Vom Kaiserhaus wurden Gemmen häufig unter ihren Anhängern verteilt, sodass die Objekte auch zur Massenverbreitung politischer Ideologien beitrugen.

Der Abguss der reliefartig geschnittenen Gemme zeigt das Porträt einer Frau im Profil. Ob es sich um Livia oder Octavia minor, also der Gemahlin oder der Schwester des Kaisers Augustus handelt, bleibt ungewiss. Die Anlage der Haare allerdings stellt eindeutig die Modefrisur für Frauen der julisch-claudischen Zeit dar: Der Haarbausch über der Stirn wird über den Scheitel nach hinten geführt. Seitlich ist das Haar in Wellen über die Ohren gelegt. Am Hinterkopf werden die Haare zu einem kompakten Knoten gebunden, aus dem Korkenzieherlocken auf die Schultern fallen.

Gemmen erfreuten sich auch über die Antike hinaus an stetiger Beliebtheit. In der Neuzeit – vor allem in der Renaissance – wurde der Stil der römischen Gemmen häufig imitiert und von den ZeitgenossenInnen als Schmuck getragen. Heutzutage ist höchste Expertise notwendig, um die Objekte antiker und moderner Zeit zu unterscheiden. Bei dieser Gemme ist nicht abschließend geklärt, ob es sich um ein antikes Original oder eine neuzeitliche Nachahmung handelt.

Weitere Informationen findet Ihr unter der Nummer 3305638 in der Datenbank Arachne: https://arachne.uni-koeln.de