Trunkene Alte / Denny Teichler

Zurzeit arbeite ich als Praktikant im Rahmen meines Studiums in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik an der Freien Universität Berlin. Skulpturen sind ein wichtiger Bestandteil der antiken Kulturen der Griechen und Römer und somit auch unserer Ausbildung. Schnell erkennt man, dass es sich in der Regel um idealisierte Darstellungen handelt. Nur selten sehen wir alte Männer und Frauen. Ausnahmen sind zum Beispiel Porträtbüsten spätrepublikanischer Senatoren in Rom oder aber auch die sogenannte Trunkene Alte. Die Bedeutungen dieser Bilder könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Während die Porträts der Senatoren Frömmigkeit, Willensstärke und Führungsqualität ausstrahlen, zeigt die Trunkene Alte eher die negativen Seiten des Lebens. Aus diesem Grund habe ich sie als meine Favoritin auserkoren.

Denny Teichler

Auf dem Boden hockend hält sie ihr Trinkgefäß fest und ihr Blick ist gen Himmel gerichtet. Der Mund ist geöffnet und es scheint, als würde sie lallend versuchen auf sich aufmerksam zu machen. In ihrer Jugend war sie wohl Priesterin oder eine Hetäre, also die gebildete Geliebte eines verheirateten Mannes. Die Zeit jedoch meinte es nicht gut mit ihr, sodass sie nun als Teilnehmerin eines Festes, auf dem Boden hockend, ihre Trunksucht und Alter demonstriert.

Die Skulptur der Trunkenen Alten stammt aus hellenistischer Zeit und wird in das 3. bis 2. Jh. v. Chr. datiert. Erhalten haben sich aber nur zwei spätere römische Kopien, von einer in München wurde der Abguss genommen. Der ursprüngliche Aufstellungsort der Statue war wohl ein dem Dionysos, dem Gott des Weines, geweihter Ort.

Trunkene Alte

Seit jeher ist der Mensch begeistert von idealtypischen Normen. Daher ist es erfrischend zu sehen, dass es auch Darstellungen gibt, die weniger idealisierend sind und auch die unangenehmen Seiten des Lebens aufzeigen.


Mehr Informationen zum Abguss und zum Original unter: https://arachne.dainst.org/entity/1226161