Markttor von Milet / Julius Jürgens

Meine ersten Grabungskampagnen führten mich nach Milet in die heutige Türkei. Deswegen habe ich einen besonderen Draht zu unseren Stücken, deren Originale ursprünglich von dort stammen. Mein Lieblingsstück ist dabei aber kein normaler Abguss, sondern ein Gipsmodell in einem verkleinerten Maßstab.

Julius Jürgens

Es gehört zu einer ganzen Reihe von Architekturmodellen, die in unserer Sammlung ausgestellt sind. Das Vorbild dieses Stückes ist das Markttor von Milet, welches im Berliner Pergamonmuseum in den 1930er Jahren in voller Größe wiederaufgebaut wurde.

Ursprünglich stand das Tor in der antiken griechischen Stadt Milet an der Westküste der heutigen Türkei. Die Region war in der Errichtungszeit des Tores im 1. oder 2. Jh. n. Chr. Teil der römischen Provinz Asia.

Das Markttor wurde an einem besonders repräsentativen Platz im Stadtzentrum des römischen Milets errichtet, an dem auch das Versammlungshaus des Stadtrates, das Bouleuterion, und eine prunkvolle Brunnenanlage, das Nymphaion, lagen. Es bildete den prächtigen Eingang zum ‚Südmarkt‘, einer riesigen Platzanlage mit umgebenden Ladenzeilen, an dem in der Antike offenbar reger Handel getrieben wurde.

Über den Südmarkt – und somit durch das Markttor – führte außerdem eine wichtige Prozessionsstraße, die das städtische Apollon-Heiligtum mit dem etwa 20 km entfernten monumentalen Apollon-Tempel in Didyma verband. Diese ‚heilige Straße‘ wurde jedes Jahr zu bestimmten Festtagen von der Bevölkerung Milets beschritten.

Markttor von Milet

In gleich zweierlei Hinsicht lag das Markttor an einer enorm bedeutenden und repräsentativen Stelle und erhielt deshalb eine monumentale und prächtige Fassade. Mit einer Breite von fast 30 m und einer Höhe von etwa 17 m wurde ein beeindruckender Effekt erzielt. Die Architektur ist mit den vorgelagerten Säulen auf mehreren Etagen und den zahlreichen Verkröpfungen an Fassaden angelehnt, die auch auf den Theaterbühnen der damaligen Zeit errichtet wurden und dort als Kulisse dienten. Die drei Durchgänge ermöglichten zudem einen raschen und geregelten Publikumsverkehr.

In der byzantinischen Zeit des 6. Jhs. n. Chr. wandelte sich die Funktion des Tores. Die Stadtbefestigung wurde verkleinert und umfasste nun nur noch einen relativ kleinen Bereich des antiken Stadtzentrums. Die neue Stadtmauer verlief unmittelbar am Markttor, sodass es zum Eingangstor der Stadt umfunktioniert wurde. Der neue Zweck erforderte – insbesondere an den Durchgängen – einige Modifikationen. Als Wehrtor spielte der dekorative Charakter keine Rolle mehr.

Infolge eines Erdbebens kollabierte das Gebäude in nachantiker Zeit und wurde in der mittlerweile fast bedeutungslosen Siedlung durch einfache Hütten überbaut. Anfang des 20. Jhs. konnte es bei Ausgrabungsarbeiten unter Leitung der Berliner Museen wiederentdeckt werden. Die erhaltenen Bauteile gelangten nach Berlin in das neu errichtete Pergamonmuseum und wurden dort in einer Rekonstruktion des Tores verbaut. Heute ist das Markttor von Milet sicherlich eines der beeindruckendsten Exponate auf der Berliner Museumsinsel.

Das bei uns ausgestellte Gipsmodell wurde von Studentinnen und Studenten der Universität der Künste in Berlin-Charlottenburg im Rahmen eines Modellbau-Kurses gefertigt und zusammen mit weiteren Architekturmodellen antiker Gebäude an unsere Sammlung übergeben. Es ist somit kein klassischer Abguss vom Original, sondern ein verkleinerter Nachbau aus Gips.

Zum Stück:

  • Markttor von Milet, Original in Antikensammlung der SMB (Inv. Mil 1)
  • Material: Marmor (aus Herakleia am Latmos)
  • Datierung: Ende 1. Jh. n. Chr – frühes 2. Jh. n. Chr.